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RWZ-agrarReport: Striegeln statt Herbizide bzw. Glyphosat? Das kennt man doch eher aus dem Bioackerbau, weniger von konventionell wirtschaftenden Betrieben…
Claus Comberg: Wir sind nicht konventionell, sondern innovativ! Wir arbeiten schon seit 40 Jahren pfluglos und müssen uns jetzt auf die Zeit nach Glyphosat einstellen. Wir wollten nicht erst in drei Jahren sagen, „Oh, wir müssen was tun“, sondern bis dahin so viel Erfahrung sammeln, dass wir ohne Glyphosat gut zurechtkommen. Die Frage war: Wie kriegen wir Unkräuter mit Striegeln und flacher Bodenbearbeitung in den Griff? Mein Sohn Carsten hat vor vier Jahren einen Striegel gekauft und nach der Ernte versucht, mit Striegeln Ausfallgetreide und Unkräuter zum Keimen anzuregen.
Carsten Comberg: Wenn man im Boden rumwühlt, dann vergräbt man Ausfallgetreide und Unkräuter. Das ist das Problem. Wir versuchen, den Oberboden nur ganz flach zu bearbeiten, um die Samen auflaufen zu lassen – und dann wieder zu striegeln, um das Unkrautpotenzial zu minimieren. Das ist eigentlich die Zielsetzung. Und mittlerweile haben wir es auch ganz gut im Griff – ohne Glyphosat.
RWZ-agrarReport: Wie funktioniert es denn am besten?
Carsten Comberg: Mit einem Strohstriegel schaffe ich rund zehn Hektar pro Stunde, das geht auch schnell mal zwischendurch. Ob ich direkt nach dem Dreschen striegele oder erst einmal grubbere, entscheide ich von Jahr zu Jahr. Letztes Jahr haben wir z. B. Weizen und Gerste kurz nach der Saat gestriegelt, als die Pflanzen zwei bis drei Zentimeter hoch waren und damit die erste Unkrautwelle reguliert. Dieses Jahr hat das nicht funktioniert, weil
es erst zu trocken und dann zu nass war. Stattdessen haben wir eine Hatzenbichler-Rollhacke ausprobiert, die wir von der RWZ-Agrartechnik Rommerskirchen zum Testen bekommen haben.
Claus Comberg: Die Rollhacke ist nicht so witterungsabhängig. Wenn die Bodenfeuchte höher ist, funktioniert der Striegel nicht das ist wie „mit einem Messer durch Butter ziehen”. Die Rollhacke ist ein bisschen aggressiver und macht ein gutes Bild, weil ihre Zinken in den Boden einwirken und wir eine Krümelstruktur bekommen und die Unkräuter rausreißen. Bei der Hatzenbichler-Rollhacke lässt sich die Aggressivität einstellen, was nicht bei jeder Rollhacke geht.
Carsten Comberg: Der Strohstriegel ist ja eigentlich nicht dafür konzipiert, im Bestand zu fahren. Daher haben wir Striegelsegmente eingesetzt, die man an den Strohstriegel schraubt und damit einen ähnlichen Effekt hinbekommt wie mit einem richtigen Striegel. Und dieses Jahr habe ich den Striegel nochmal komplett umgerüstet. Die Tellerchen, die mehr Feinboden und Unkräuter rausreißen, hätten mir den neuen Bestand zerstört. Deswegen habe ich für das Striegeln nach der Ernte vorne eine Messerwalze montiert. Wenn ich nach dem Dreschen also Unkraut richtig bekämpfen will, dann fahre ich noch mit der Messerwalze, ansonsten lasse ich die Messerwalze oben und fahre nur mit dem Striegel.
RWZ-agrarReport: Hat sich inzwischen ein Fahrplan für die Arbeitsgänge etabliert? Oder ist der situativ je nach Bodenbedingungen, Witterung, etc. anders?
Claus Comberg: Direkt hinter dem Mähdrescher striegeln wir erstmal, damit das Stroh besser verteilt wird und schon mal einiges zum Auflaufen kommt. Raps fahren wir z. B. bis zur Aussaat nur mit dem Striegel, ganz ohne zu grubbern.
Carsten Comberg: Wir haben aber auch schon direkt nach dem Dreschen gegrubbert und sind dann erst mit dem Striegel gefahren. Oder wir grubbern zwischen Striegeln und Aussaat.
RWZ-agrarReport: Wird denn aktuell noch Glyphosat im Betrieb gebraucht oder ist der Unkrautdruck ausreichend reduziert?
Carsten Comberg: Gar nichts. Null Liter Glyphosat vergangenes Jahr. Letztmalig vor Gerste vor zwei Jahren.
RWZ-agrarReport: Und wenn das Getreide nach der Winterruhe wieder wächst, striegeln Sie zu Beginn des Frühjahres erneut?
Claus Comberg: Wir striegeln auch im Frühjahr. Letztes Jahr haben wir einen Schlag Gerste nochmal gestriegelt und alles in den Griff gekriegt, bloß die Kamille nicht. Das ist ein Problem hier mit den hohen Niederschlägen von 1.000 mm und schweren 80er-Böden. Aber mit Pointer kann man gezielt nur dieses eine Unkraut günstig wegspritzen. Ich verspreche mir diesbezüglich viel von der Rollhacke, weil die auch schon etwas größere und tiefer wurzelnde Kamille rausreißen kann.
Eckehardt Rogge: Man kann die Rollhacke ja auch umdrehen, dann ist sie entweder aggressiv oder weniger aggressiv eingestellt. In Rüben wird die Rollhacke z. B. aggressiv gefahren.
RWZ-agrarReport: Viele haben ja auch mit Quecke zu kämpfen. Wie sieht es damit aus?
Claus Comberg: Natürlich haben wir hier Quecke, aber die hat keine Chance. Wenn man das ganze Handling im Griff hat, kommt die Quecke nicht hoch. Die fällt ja nicht vom Himmel mitten ins Feld. Man bekommt Quecke mechanisch in den Griff, aber das ist ein langer Prozess.
RWZ-agrarReport: Nach fünf Jahren Erfahrung funktioniert hier im Betrieb also die mechanische Unkrautbekämpfung. Wie war das denn am Anfang?
Claus Comberg: Wir haben Lehrgeld bezahlt, weil wir zum verkehrten Zeitpunkt gestartet haben. Die Schlagkraft ist entscheidend, gerade in einem regenreichen Gebiet. Nach der mechanischen Unkrautbekämpfung sollte es 24 Stunden trocken sein, damit das Unkraut verwelkt. In Kanada ist pflugloses Arbeiten normal – da dachte ich, das muss doch hier auch klappen. Es ist vergleichsweise einfach, erst zu pflügen und dann mit Kreiselegge plus Sämaschine auszusäen. Wer pfluglos arbeitet, muss sich mit der Biologie und Chemie des Bodens beschäftigen. Und für mechanische Unkrautbekämpfung braucht man noch mehr Knowhow, muss den Boden wirklich verstehen, inklusive Bodenstruktur und Witterung. Je mehr ich im Boden rumwühle, desto mehr störe ich die ganze Dynamik der Mikroorganismen im Boden, aber die ist entscheidend!
RWZ-agrarReport: Konnten Sie denn einen Effekt bezüglich Bodengüte und Bodenleben feststellen, seitdem kein Glyphosat mehr und weniger Herbizide ausgebracht werden?
Carsten Comberg: Wir haben unheimlich dynamische Böden mit Humuswerten von weit über 3 %, jede Menge Regenwürmer und in Trockenjahren haben wir keine Risse im Boden. Hoher Humusgehalt heißt auch eine hohe Kationenaustauschfähigkeit und wir halten die Dynamik der Nährstoffe untereinander im Gleichgewicht. Trockene Jahre puffern wir besser weg und haben trotzdem gute Erträge.
RWZ-agrarReport: Wenn in Zukunft Glyphosat keine Lösung mehr ist, ist Pflügen auch keine?
Claus Comberg: Nein, weil wir damit alles auf einen Schlag wieder zerstören. Das verstehen viele nicht. Eigentlich haben wir ja durch Glyphosat ein Instrument, das den Pflug ersetzt. Aber das Problem beim Glyphosat ist nur: Man sieht es und es ist in Verruf geraten.
RWZ-agrarReport: Welchen Tipp haben Sie für Berufskollegen, die auf eine mechanische Unkrautbekämpfung umschwenken wollen?
Claus Comberg: Sich für ein paar Stunden einen Striegel ausleihen und ausprobieren. Anders geht es nicht, das muss man selber sehen – und sich dann fragen: Kann ich mich damit identifizieren? Ist das was für mich? Komm ich damit weiter? Habe ich da positive Effekte?
RWZ-agrarReport: Welche Maschinen haben Sie denn im Einsatz?
Claus Comberg: Ich fahre einen Fendt 930, Carsten den MF 8480, das sind die beiden Schlüsselmaschinen. Neben dem Strohstriegel haben wir einen Grubber, Tiefenlockerer, Düngerstreuer, eine Sämaschine und eine Pflanzenschutzspritze. Als Leihgeräte sind bei uns noch eine Cambridge-Walze, ein Hackstriegel und eine kameragesteuerte Rübenhacke im Einsatz. Wir nutzen RTK, sodass die Fahrgassen immer auf 2 cm genau an derselben Stelle sind. Als digitale Schlagkartei nutzen wir schon seit Ewigkeiten„Agraroffice“, das heute ja „FarmFacts“ heißt.
RWZ-agrarReport: Wenn andere Betriebe jetzt auch ihren Glyphosat- bzw. Herbizideinsatz minimieren möchten, wird lediglich ein Striegel benötigt?
Claus Comberg: Ja, aber wichtig ist zu wissen, dass hinterm Striegel nichts passiert. Der Boden wird „hinter dem Striegel nicht braun“, daher muss man mit GPS fahren. Das muss im Kopf ankommen, auch nicht zu pflügen. Wir haben uns auch schon oft gefragt, ob das gut geht, mit der Sämaschine in einen hohen Zwischenfruchtbestand einfach reinzusäen – aber es klappte und es klappte gut!
Carsten Comberg: Letztes Jahr habe ich mir eine Cambridge-Walze geliehen und im Winter nachts um 2 Uhr bei -9 Grad vor den Rüben gewalzt, als die Zwischenfrucht komplett steif gefroren war. Das ging richtig gut. Und die Samen der Unkräuter im Boden werden quasi gesprengt, die sind dann nicht mehr keimfähig. Im Frühjahr habe ich dann mit der Rübenhacke sehr positive Erfahrung gemacht. Über die bessere Mineralisierung und schnellere Bodenerwärmung zwischen den Rübenreihen werden die Reihen deutlich schneller geschlossen. Zudem bleiben die Rüben durch den fehlenden Herbizidschock nicht in ihrer Entwicklung stehen. Das macht locker 10 Tage aus!
RWZ-agrarReport: Welche Fruchtfolge und Zwischenfrüchte haben Sie?
Claus Comberg: Wir machen Blöcke. Ein Block ist immer Raps und Rüben, danach kommt Weizen, dann Stoppelweizen oder Sommerweizen und zuletzt Gerste. Dazwischen, wenn es irgendwie geht, immer eine Zwischenfrucht. Das sind Mischungen zur Förderung des Bodenlebens, das ist das A und O. Wir bauen Zwischenfrüchte aus Überzeugung an, nicht um gesetzliche Auflagen zu erfüllen.
RWZ-agrarReport: Haben Sie auch mal Bio ausprobiert?
Carsten Comberg: Ja, wir haben mal Bioblöcke testweise drin gehabt. Durch die Messung im Mähdrescher konnten wir sehen, dass direkt 40 % weniger Ertrag da war, größtenteils bedingt durch den fehlenden Dünger und teilweise auch durch den fehlenden Pflanzenschutz.
RWZ-agrarReport: Welche Dünge- und Pflanzenschutzmittel sind im Betrieb im Einsatz?
Claus Comberg: Wir düngen je nach Versorgungslage gezielt, auch mit Hofmischungen aus der Düngermischanlage. Im Frühjahr düngen wir ganz dezent mit AHL. Herbizide spritzen wir nur nach Bedarf. Wenn wir nicht müssen, dann spritzen wir nicht. Wenn wir dann doch mal Herbizide einsetzen müssen, sparen wir nicht, da sind wir rigoros, allein schon aus Resistenzgründen, da muss man höllisch aufpassen. Wenn man sich ein Jahr mit Herbiziden versaut, hat man sehr viel Unkrautpotenzial im Boden und bekommt das nur schwer wieder in den Griff. Bei Fungiziden und Insektiziden haben wir in den Feldern Kontrollen stehen, wo wir diesbezüglich nichts machen. Wenn da was explodiert, haben wir noch ein Zeitfenster von einigen Tagen und können dann mit reduzierten Mengen arbeiten. Dann gilt es aber, Schlagkraft zu haben, eine Kultur muss an einem Tag bzw. in einer Nacht durch sein. Bei Hitze und Wind können wir nicht spritzen, also fahren wir nachts mit der Pflanzenschutzspritze.
RWZ-agrarReport: Was sind häufige Anfängerfehler?
Claus Comberg: Es gibt keinen Leitfaden für „richtig“ oder „falsch“. Daher: ausprobieren! Das ist das A und O. Man muss sich da rantasten, jeder für sich. Und Interesse zeigen, innovativ sein, um weiterzukommen.
Eckehardt Rogge: Wir von der RWZ-Agrartechnik bieten unseren Kunden an, Vorführgeräte aus dem Hause Hatzenbichler bei sich im Betrieb auszuprobieren, um eigene Erfahrungen beim Striegeln und Hacken sammeln zu können. Sprechen Sie einfach Ihre RWZ-Agrartechnik vor Ort an! Ich bin davon überzeugt, dass konventionelle Landwirtschaft in Zukunft „Bio light“ sein wird. Hybridlandwirtschaft ist die Zukunft!
Chefredakteurin RWZ-agrarReport
Telefon: 0221 / 16 38-466
Mail: martina.tschoertner@rwz.de