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„Ich bin immer neugierig und experimentierfreudig”, sagt Landwirt Michael Köhler aus dem hessischen Gedern-Wenings. Das Ergebnis: Vor einem Jahr gibt Michael Köhler seine Vollzeitstelle im öffentlichen Dienst zugunsten der Landwirtschaft auf und wandelt seinen konventionellen 60 ha-Ackerbaubetrieb plus 50 ha Grünland im Nebenerwerb um in einen 200 ha-Naturlandbetrieb mit einer Charolais-Mutterkuhherde plus Nachzucht.
RWZ-agrarReport: Das sind große Veränderungen! Wie kam es dazu?
Michael Köhler: Die Landwirtschaft war schon immer meine Herzensangelegenheit. Dann habe ich mich letztes Jahr auf die Pachtausschreibung für die 90 ha arrondierter Ackerfläche inklusive eines historischen Hofgutes beworben – und bekommen.
RWZ-agrarReport: Und alle Flächen sind Bio?
Michael Köhler: Von den 110 ha vom Ursprungsbetrieb in Gedern-Wenings sind einige Hektar bereits voll anerkannte Bioflächen, der Rest ist in der Umstellung. Die neuen Pachtflächen in Ranstadt ernte ich zum Teil erst nach dem 25. August, weil dann der 12-Monats-Zeitraum nach der letzten Maßnahme vorbei ist und ich die Ernte als Umstellungsware vermarkten kann.
RWZ-agrarReport: Was ist mit dem Grünland?
Michael Köhler: Da mache ich hauptsächlich Heu für Pferdebetriebe hier in der Region. Die lieben die kräuterreichen Wiesen hier bei uns. Außerdem mache ich noch Stroh für Pferdebetriebe. Aber ich plane, das Stroh in Quadern pressen zu lassen und gegen Champost zu tauschen, also dieses abgetragene Substrat aus der ökologischen Champignonzucht. Auf den letzten Öko-Feldtagen habe ich Kontakte geknüpft, die suchten Biostroh und bringen dafür Biochampost aus Norddeutschland mit runter und ich lade die Strohquaderballen dann auf den LKW. Ich denke, wir haben dann einen ganz guten Wechsel.
RWZ-agrarReport: Wieso haben Sie sich für Bio entschieden?
Michael Köhler: Bei unseren Böden hier in Wenings ist mit durchschnittlich 6,5 t Weizen bei uns konventionell Schluss. Wir müssen denselben Aufwand betreiben für 6,5 t wie für 9 t auf besseren Böden. Wir sind stark von Niederschlägen abhängig, weil wir flachgründige Böden haben. Bleiben die wie in letzter Zeit immer öfter aus, ist das ein Problem. Dann ist die Differenz zwischen Bio und Konventionell nicht mehr groß bei uns hier.
RWZ-agrarReport: Und wie sind jetzt Ihre Erfahrungen seit der Umstellung auf Bio?
Michael Köhler: Ich bin komischerweise entspannter und habe das gute Gefühl, das Richtige zu tun, auch wenn ich keine Höchsterträge mehr einfahre. Dafür bekomme ich jetzt mehr Prämie und ich habe keine hohen Aufwendungen für Dünger und Pflanzenschutz. Klar, für Bio muss ich auch mehr Bodenbearbeitung machen.
RWZ-agrarReport: Was machen Sie denn an mechanischer Unkrautbekämpfung?
Michael Köhler: Ich habe einen 12-m-Striegel, mit dem ich sehr zufrieden bin. Wobei das Entscheidende eigentlich die Fruchtfolge ist. Und das langfristige Denken. Was baue ich wo an? Was an welchem Standort? Ich habe testweise 14 ha Soja im Anbau, einfach um mal zu gucken, ob es funktioniert, auch wenn es schon Grenzgebiet ist für Soja. Körnermais, Sonnenblumen oder Kartoffeln könnte ich mir auch gut vorstellen. Neben dem Striegel habe ich in einen Schälpflug investiert, der 2,4 m räumt und den ich off-land und onland befahren kann. Dann bekomme ich jetzt noch eine Kreiselegge, die überlappend einarbeitet. Weil die Zinken alle ineinandergreifen, bleibt nichts unbearbeitet stehen. An den Zinken sind außerdem jeweils Quereisen angebracht, die Wurzeln oder Kräuter zusätzlich horizontal und vertikal versetzt schneiden. Das ist hocheffektiv.
RWZ-agrarReport: Wie hat sich Ihre maschinelle Ausstattung durch die Umstellung verändert?
Michael Köhler: Als konventioneller Landwirt hatte ich Scheibenegge, Pflug, Spritze, Düngerstreuer, Sämaschine. Jetzt als Biolandwirt habe ich einen Hatzenbichler-Striegel, 7-Schaar-Schälpflug, diese spezielle Kreiselegge und einen 5-m-Grubber, der auch ganzflächig schneidet und mit einer Doppelwalze mit angehängtem Striegel das Unkraut nochmal oben drauflegt. Die Scheibenegge setze ich da vorneweg ein, wo der Grubber bei besonders hohem Besatz schiebt. Die zerteilt die organische Masse schonmal.
RWZ-agrarReport: Und dann mit der Kreiselegge hinterher?
Michael Köhler: Richtig. Wobei ich jetzt mal ausprobieren möchte, mit der Kreiselegge direkt in die Stoppel gleich nach dem Mähdrescher zu fahren. Die hat dann zwei Striegelreihen dahinter, welche die Kräuter, die von der Walze angedrückt werden, einfach nochmal oben draufzieht.
RWZ-agrarReport: Eine Hacke haben Sie nicht?
Michael Köhler: Noch nicht, weil noch nicht klar ist, welche Kulturen gehackt werden sollen und welche Reihenabstände die haben. Meine 14 ha Sojabohnen, die ja eigentlich eine Hackkultur sind, habe ich mal ohne hacken ausprobiert. Die Bodenbearbeitung wurde optimal ausgeführt: Den Acker erst mit dem Schälpflug gepflügt, falsches Saatbett bereitet, vor dem Säen abgestriegelt, dann wegen der Bodentemperatur erst spät am 5. Mai auf 19 cm Reihenabstand ausgesät, fünf Tage nach der Aussaat blindgestriegelt, zehn Tage später wieder gestriegelt als die ersten Laubblätter entfaltet waren. Danach habe ich im Soja eine Rollhacke von Hatzenbichler ausprobiert und zum Schluss noch mal gestriegelt. Die paar Distelnester entferne ich einfach per Hand. Aber ich habe schon die ein oder andere Hacke im Blick.
RWZ-agrarReport: Ihr Bruder hat einen Lohnbetrieb mit drei Festangestellten und bietet vor allem Erdtransporte, Holzrücken und Winterdienst an. Kooperieren Sie zusammen?
Michael Köhler: Wenn mein Bruder Dennis Maschinen oder Traktoren braucht, dann vermiete ich sie an seine GmbH und andersherum genauso. Wenn ich in der Aussaat zum Beispiel noch einen Traktor benötige, dann miete ich einen von ihm. Wir haben mittlerweile auch viele Neumaschinen, weil wir mit Gebrauchtmaschinen bei unserer hohen Stundenauslastung einfach nicht weiterkommen, zu hohe Reparaturkosten. Oder noch schlimmer: Stillstand. Wir investieren lieber in Neumaschinen und sehen zu, dass die eine hohe Auslastung haben. Die haben im Schnitt 1.300 Betriebsstunden im Jahr, alles Valtras mittlerweile und alles über die RWZ in Friedberg.
RWZ-agrarReport: Und wie zufrieden sind Sie damit?
Michael Köhler: Sehr zufrieden. Auch wenn wir mal einen Vorführoder Leihschlepper brauchen, klappt das durch den großen Bereich, den Ihr mit Eurer Agrartechnik abdeckt, super. Valtras sind sehr robuste Schlepper und nach einer Testfahrt haben wir uns dann für den ersten Valtra entschieden. Das Preis-Leistungsverhältnis ist top. Und ich kann ihn mir wirklich so zusammenstellen wie ich ihn haben will. Von einfach bis Hightech wie der Fendt. Und sehr robust, reparaturmäßig läuft das fast gegen null. Mittlerweile haben wir komplett umgestell, aktuell haben wir sechs Stück.
RWZ-agrarReport: Wie vermarkten Sie Ihr Getreide?
Michael Köhler: Über Derya Arslan vom RWZ-Bioteam und das neue Biolager in Friedberg. Das läuft ideal. Derya ist fachlich sehr fit, bei Fragen immer gleich erreichbar und kümmert sich ganz schnell, das ist mir sehr wichtig. Die Zusammenarbeit ist sehr entspannt und angenehm. Was die RWZ-Friedberg angeht, bin ich echt froh, dass es das Biolager gibt. Als konventioneller Landwirt kannst du mit deiner Ernte einfach irgendwo hinfahren, aber als Biolandwirt gibt es sonst nichts. Letztes Jahr war das Getreide zwar ziemlich sauber, aber nach zwei bis drei Wochen hat man schon gemerkt, dass die Temperatur ansteigt. Ohne Lüftung und Reinigung ist das problematisch. Also habe ich in Friedberg angerufen und konnte dort hinfahren, reinigen und einlagern. Zudem werde ich in das Hofgut eine Getreideanlage einbauen, mit Trocknung, mobiler Reinigung und einer Lagerkapazität von 600 t.
RWZ-agrarReport: Nutzen Sie Friedberg dann gar nicht mehr?
Michael Köhler: Doch, Friedberg brauche ich weiterhin. Entweder bringe ich mein Getreide dorthin oder die RWZ-LKW holen es direkt hier ab. Geht sehr einfach, alles nach Absprache.
RWZ-agrarReport: Und wie sieht es mit Betriebsmitteln aus?
Michael Köhler: Da hole ich auch recht viel, wenn nicht sogar alles über Derya. Auch ein Teil des Biosaatguts kommt von der RWZ und die Biosorten stammen teilweise von Hauptsaaten. Und einen Großteil des Saatguts baue ich auch selber nach, das lasse ich dann in Friedberg reinigen und aufbereiten.
RWZ-agrarReport: Was steht noch an Projekten an?
Michael Köhler: Ich habe schon mal daran gedacht einmal pro Woche einen kleinen Wochenmarkt zu machen hier an dem historischen Hofgut, mit einzelnen Ständen und regionalen Vermarktern aus der Bioschiene. Das Gut hier hat einen speziellen Charme, vielleicht richten wir auch eine kleine Cafeecke ein. Aber jetzt machen wir erst einmal die Umstellung und dann schauen wir weiter.
Chefredakteurin RWZ-agrarReport
Telefon: 0221 / 16 38-466
Mail: martina.tschoertner@rwz.de