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Zu Besuch beim... Milchviehbetrieb Theis-Kreins

Juni 2018

Maximal automatisiert und digitalisiert

Einen vollautomatisierten Kuhstall – den findet man im Milchviehbetrieb von Luc und Joëlle Theis-Kreins aus Hachiville in Luxemburg zwar noch nicht ganz, aber fast. „Melkroboter oder Spaltenschieber sind ja schon nichts Außegewöhnliches mehr“, so der Betriebsleiter.
„Wir haben voll auf Automatisierung und Digitalisierung gesetzt und nutzen quasi alle verfügbaren technischen Möglichkeiten.“

In dem drei Jahre alten Stall mit 200 Milchkühen kann man demnach auch viel Technik bestaunen: drei Melkroboter, vollautomatische Anmischung und Fütterung der Grundration mit einem automatischen Fütterungssystem, Transponderfütterung der Leistungsration, automatische Abkalbeerkennung per Körpertemperatursensor, Kuhschrittzähler zur Überwachung der Tiervitalität und Brunsterkennung, vollautomatische Spaltenschieber sowie Tränkeautomaten bei den Kälbern. Für einen optimalen Kuhkomfort findet man im Theis-Kreins’schen Hightech-Stall neben den obligatorischen Kuhbürsten und einer Klauenwaschanlage im Melkroboter auch besonders gelenkschonende Wasserbetten für die Kühe. Darauf wird täglich Desical Spezial mit dem Flink-Spreader verteilt, was sich in zuverlässig niedrigen Zellzahlen auszahlt.

Zum Betrieb gehören noch der ehemalige Milchviehstall und mehrere alte Gebäude, welche kostengünstig für 200 Stück Jungvieh umgebaut wurden, sowie rund 180 ha landwirtschaftliche Nutzfläche: 110 ha Grünland, teils für den Weidegang von Trockenstehern/ Jungvieh und teils für Grassilage, 40 ha Mais sowie jeweils 15 ha Vermehrung von Getreide und Pflanzkartoffeln – eine Besonderheit auf den mit 500 Höhenmetern relativ hoch gelegenen Flächen. Auf dem Betrieb arbeiten neben dem Betriebsleiterehepaar noch zwei Festangestellte in Vollzeit sowie die Eltern als Altenteiler.

Die Kühe werden trotz bzw. gerade wegen der Hightech-Umgebung nicht bis zum Leistungsmaximum gepusht. Der Betrieb hat eine durchschnittliche Jahresleistung von rund 10.000 l bei 3,9 % Fett und 3,4 % Eiweiß. „Bei uns liegt der Fokus eher auf unproblematischen Tieren“, so Joëlle Theis-Kreins. „Sonst haken die Abläufe in dem hochtechnisierten Stall und der über die Technik errungene Arbeitskomfort wäre wieder dahin, denn jede kranke Kuh kostet Zeit und Geld.“ Der langjährige RWZ-Betriebsberater Jörg Schneider ergänzt: „Die Leistung wird über eine gute Fütterung erreicht und nicht auf Teufel-komm-raus. Wir haben im Betrieb insgesamt fünf Rationen: Hochleistungs-, Niederleistungs-, Trockensteher-, Transit- und Jungviehration. Alle Rationen werden individuell eingestellt und nach Bedarf angepasst. Die Basis aller Rationen ist Grassilage, Maissilage, Luzerneheu und Stroh. Über den Fütterungsroboter werden zusätzlich zwei Kraftfuttermischungen zugeteilt: eine Energiemischung aus Mais und Getreide sowie eine Proteinmischung aus Raps und Soja. Als mineralische Ergänzung werden zwei betriebsindividuelle RWZ-ProfiMineral-Mischungen eingesetzt. Über das automatische Melksystem wird das RWZ-Robokraft leistungsbezogen zugeteilt. Die Hochleistungsgruppe bekommt zusätzlich bis zu 2 kg des Laktationsstarters RWZ-Lakto Omega. Alle Futtermittel sind gentechnikfrei und VLOG-geprüft. Die Kälber bekommen den Milchaustauscher Denkavit Q-Milch rot und ab der ersten Lebenswoche RWZ-Kälber Vital TMR." Seine Futter- und Betriebsmittel bezieht Luc Theis-Kreins über die RWZ AGRO LUX GmbH.


Verabreicht wird das Leistungsfutter per Transponder im Kraftfutterautomaten – Standard heutzutage. Das Grundfutter allerdings wird den Kühen mit dem technischen Highlight des Betriebes vorgelegt, dem Fütterungsroboter. Die einzelnen Grundfutterkomponenten liegen in einem gesicherten Bereich, die Futterküche, wo eine automatische Greifzange die jeweils benötigten Mengen aufnimmt und im Futtermischwagen ablädt. Fertig gemischt startet der Fütterungsroboter wie von Geisterhand seinen 10-minütigen einprogrammierten und markierten Rundkurs durch den Stall. Bei etwaigen Hindernissen wird der Wagen durch seine Rundumsensoren gestoppt. Die Milchkühe bekommen so rund 15 mal täglich frisches Futter vorgelegt. Zusätzlich wird rund 20 mal angeschoben. „Durch die automatische Fütterung hat jede Kuh ihren individuellen Rhythmus im Tagesablauf“, berichtet der Milchviehhalter. „Jedes Mal wenn der Mischwagen frisches Futter vorlegt, stehen rund 30 – 40 Kühe auf um fressen zu gehen. Auch rangniedrige Tiere und Färsen bekommen so immer optimales, frisches Futter, weil es kein Gerangel mehr am Fressgitter gibt. Durch die häufige Futtervorlage haben die Tiere einen viel größeren Anreiz zu fressen, und es bleibt deutlich weniger Restmenge übrig. Außerdem kommt das Futter ganz ohne Stabilisatoren und Säurezusatz aus, da es so gut wie gar nicht nacherwärmt.“ Der Futtertisch ist mit Agrocoating beschichtet.

Sehr große Arbeitserleichterung bietet auch die Abkalbeerkennung und der Kuhschrittzähler. Der Körpertemperatursensor wird vor der Abkalbung in die Kuh eingeführt und sendet zwei Mal pro Tag die Daten direkt auf das Handy von Luc Theis-Kreins: „Das hat mir schon viele schlaflose Nächte erspart. Früher musste ich mehrmals pro Nacht aufstehen um zu schauen, ob die Abkalbung schon begonnen hat. Heute gibt es kaum noch Fehlalarme.“

Auch die Aktivitätskontrolle und die Messung der Wiederkauaktivität haben viele Vorteile. „Wenn sich eine Kuh laut Sensor nicht mehr bewegt, kann das viele Gründe haben. Vielleicht hat sie nur ihr Halsband verloren – oder sie hat sich möglicherweise verletzt. Dann schaut man im Stall nach und weiß direkt Bescheid“, so der Betriebsstellenleiter weiter. „Übermäßige Bewegung ist ein Indikator für die Brunst und ebenfalls eine große Hilfestellung.“

Alle Daten erhält Luc Theis-Kreins in Echtzeit aufs Handy – mehr Digitalisierung geht nicht. Papier im Bereich Kuhmanagement sucht man im Theis-Kreins’schen Haushalt eher vergeblich. „Die Technik liefert unwahrscheinlich viele Daten und Parameter, aber wenn ich die mir nicht anschaue und auch auswerte und vor allem die Tiere nicht anschaue, nützt die beste Technik nichts“, so Luc Theis-Kreins. „Denn auch bei einer hohen Technisierung geht nicht alles von allein. Der große Vorteil liegt in der zeitlichen Flexibilität, die wir dadurch gewinnen.“ Und seine Frau ergänzt: „Wir haben keine festen Arbeitszeiten mehr. Es ist egal, ob man morgens um fünf oder acht in den Stall geht, Hauptsache die Daten werden ausgewertet. Ein bis zwei Tage kann man so in Ausnahmefällen gut alleine überbrücken, wenn beispielsweise die Kartoffelernte ansteht. Dann ist mein Mann mit den Angestellten und den Schwiegereltern von morgens bis abends auf dem Feld und ich muss das dann alles alleine im Stall schaffen.“ Die Technik macht‘s möglich, alle Aufgaben kann sie aber nicht übernehmen. Der Mensch dahinter, der die Daten richtig interpretiert, ist nicht ersetzbar.

Familie Theis-Kreins aus Hachiville.
Genaue Befüllung des automatischen Fütterungssystems. Kraft- und Mineralfutter werden über Schnecken dosiert.
Grundfutterentnahme durch eine automatische Zange.
Alle wichtigen Daten können auf dem Smartphone abgerufen werden.

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie uns!

Martina Tschörtner

Chefredakteurin RWZ-agrarReport

Telefon: 0221 / 16 38-466
Mail: martina.tschoertner@rwz.de